Junge Turn-Stars für einen Tag

Schwarzwälder-Bote, 23.12.2012
Albstadt

Mit Tamara Khokhlova trainieren die TSV-Turnerinnen Haltung: Hannah Boss, Aylin Dejna, Anja Gerig, Leonie Greiner, Annalena Henne, Evelyn Karsten, Maike Maier, Doreen Peetz, Kim Rösch, Lara Schiele und Florine Wörz. Foto: Schwarzwälder-Bote

Alte Bekannte und junge Olympioniken dürfen zwölf Turnerinnen des TSV Ebingen treffen – und dabei wollen sie eigentlich nur einmal dort turnen, wo sonst nur die Großen ihres Sports trainieren: Bei der Aktion „Wünsch dir was“ des Schwarzwälder Boten und der Sparkasse Zollernalb haben sie sich einen Tag im Kunst-Turn-Forum des Schwäbischen Turnerbunds (STB) in Stuttgart gewünscht, Silbermedaillengewinner Marcel Nguyen getroffen – und Lina Hirschoff.

Die Meßstetterin – selbst erfolgreiche Turnerin des TSV Meßstetten – absolviert ein Freiwilliges Soziales Jahr beim STB und kümmert sich im Kunst-Turn-Forum nicht nur um Verwaltungsaufgaben, sondern trainiert auch den Nachwuchs und ist dort umgeben von Spitzensportlern. Dass auch Marcel Nguyen dazugehört und in der Halle ist, spricht sich unter den Albstädterinnen und Trainerin Alice Schumacher schnell herum.

Trotzdem ziehen sie sich erst um, denn die besten Trainingsbedingungen im Land wollen ausgenutzt werden. „Wir verfügen über je einen kompletten männlichen und weiblichen Gerätesatz“, erklärt Lina Hirschoff und zeigt auf die Halle mit Barren, Recks, Trampolinen, Schwebebalken, Sprungbrettern und anderen Geräten. Zunächst einmal aber geht es mit Marie-Luise Probst-Lindermann nach oben – in eine kleine Halle mit federndem Boden: Aufwärmen muss sein.

Als die Trainerin verkündet: „Ich mache mit Euch die Hälfte des Sprungkraftprogramms, das ich heute früh mit meinen Siebenjährigen gemacht habe“, fühlen sich die TSV-Mädchen herausgefordert, klar. Im Zirkel springen sie über Bänke und Kisten, stehen auf einem Bein auf und setzen sich, Gewichte in der Hand, und legen Spagats aufs flauschige Parkett, dass die mitgereisten Mütter nur so staunen.

Beim Handstandwettbewerb dürfen sie auch „spazieren gehen“ – geradewegs zum nächsten Trainer. Robert Mai weist sie auf die „Bogenspannung“ hin, die nötig ist, um bei Flik-Flaks und Salti gut auszusehen. „Deshalb immer den Kopf strecken und zu den Händen schauen“, mahnt er. „Wir haben hier schon traumhafte Bedingungen“, sagt Erfolgstrainer Rainer Schrempf, der schon zwei Mal eine Turn-Gala des TSV Ebingen moderiert hat und kurz reinschaut, wie sich die Albstädterinnen halten. „Aber wenn wir jeden hier reinlassen würden, der rein will, hätten wir täglich 1000 Leute drin.“ Soviel also zur Exklusivität, in deren Genuss die zwölf Sportlerinnen kommen.

Die will freilich verdient sein. „Jetzt geht es an die Schnitzelgrube“, erklärt Lina Hirschoff, als die Mädchen in die große Halle dürfen. Doch mit Essen hat das nichts zu tun – im Gegenteil: Nach einem Salto Ãœberschlag fällt jede Turnerin einzeln in das tiefe Becken und verschwindet bis auf einen Fuß oder zwei in Schaumstoff. Nur ein Glucksen und Kichern aus der Tiefe signalisiert: Es hat Spaß gemacht.

Die Füße stehen auch bei der nächsten Einheit mit Tamara Khokhlova im Fokus: Die Trainerin nimmt es genau, wenn es um Haltungsfragen, optimal gestreckte Fußspitzen, Arme und Hände geht. „Die Jüngsten machen nur solche Ãœbungen“, weiß Lina Hirschoff, „denn bevor sie überhaupt an die Geräte dürfen, brauchen sie Kraft und Ausdauer.“ Schüler, die im Kunst-Turn-Forum trainieren dürfen, besuchten die Partnerschulen des STB, erklärt die Meßstetterin, „denn mit den Unterrichtszeiten an einer normalen Schule würde es nicht funktionieren.“ Außerdem arbeite der STB mit dem Olympiastützpunkt zusammen – von der gegenüberliegenden Hallenseite schaut einer der Olympioniken den Mädchen zu: Marcel Nguyen scheint der Enthusiasmus der TSV-Turnerinnen zu gefallen.

Als sie ihre Solo-Runde in der Halle drehen und alle Geräte ausprobieren, ist der Turn-Star freilich schon verschwunden. Macht aber fast gar nichts, denn beim Tanz-Training mit Sandra Dreher-Mansur, einer feurigen Brasilianerin, dürfen sie sich selbst wie Stars fühlen und gehen nochmal richtig aus sich heraus. Bei ihr lernen sie Salsa – zu deutsch: die Soße. „Weil man da musikalisch ganz viele Sachen reingepackt hat“, erklärt Sandra. Beim Zhumba lachen sich die Mädchen fast einen Ast, so viel Spaß macht es ihnen. Und beim abschließenden HipHop gibt Sandra die Devise aus: „Immer cool und die Hose runterhängen lassen.“

Cool – das ist nach solch intensiven Trainingsstunden genau das, was die Albstädterinnen brauchen. Doch als sie erschöpft aus den Umkleidekabinen kommen, macht Lina Hirschoff ihnen nochmal richtig Mut: „Ãœbt fleißig weiter, und wenn Ihr es in den Kader schafft, dürft Ihr immer hier trainieren.“ Und bevor sie müde Richtung Auto trollen, kommt er nochmal des Weges: Marcel Nguyen verabschiedet die TSV-Turnerinnen höchstpersönlich – auf dem Heimweg sind den Mädchen, die im Auto einnicken, süße Träume garantiert.

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